Stellungnahme des DGSMTW
10. Dezember 2020
Fachärztliche und sexualwissenschaftliche Stellungnahme zu den Referentenentwürfen zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und zum Erlass eines Gesetzes zum geschlechtlichen Selbstbestimmungsrechts
Das PDF zum Download auf DGSMTW
Zu deren Stellungnahme, verfasst von Dr. med. Alexander Korte M. A. möchten auch wir nun einige Worte äußern. Dazu werden wir einige Passagen in dem PDF hier zitieren.
Zitat: Aus ärztlich-psychotherapeutischer und sexualwissenschaftlicher Sicht ist grundsätzlich jede verfassungsgemäße gesetzliche Regelung begrüßenswert, die dazu beiträgt, Menschen, die aufgrund einer nachgewiesenen Störung der körperlich-sexuellen Entwicklung (vormals Intersexualität, engl. Disorders of Sex Development, DSD, entsprechend der Klassifikation der Chicagoer Konsensuskonferenz von 2005) sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, und Menschen mit geschlechtsbezogenem Identitätskonflikt (Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie, Transsexualität) in ihren Grundrechten zu stärken und die genannten Personengruppen vor Diskriminierung im Alltag zu schützen. - Zitatende.
Originäre Transsexualität (NGS) ist kein geschlechtsbezogener Identitätskonflikt, denn die "Geschlechtsidentität" oder besser gesagt das geschlechtliche Selbst kommt lupenrein und kerngesund auf die Welt. Das geschlechtliche Selbst ist neurologisch im Hypothalamus codiert und damit eine Äußerung von Sexus. Der Konflikt liegt in der gegensätzlichen geschlechtlichen Entwicklung von Gehirn im Hinblick auf den genital-gonadalen Aspekt. Also eine Sexus-Sexus Diskrepanz und damit eine Sonderform der Intersexualität.
Zitat: Mittlerweile wurde durch Urteil des BGH klargestellt, dass der Anwendungsbereich des § 45b PStG sich nicht auf Personen erstreckt, die sich als transsexuell, ›transident‹ o.ä. selbstkategorisieren oder auf Menschen, bei denen ärztlicherseits eine Geschlechtsdysphorie (DSM-5) bzw. Geschlechtsinkongruenz (ICD-11) ohne gleichzeitig vorliegende DSD-Konstellation diagnostiziert wurde oder zu diagnostizieren ist. Die Anwendung des § 45b PStG auf diese Personengruppe ist demnach also rechtsfehlerhaft und Ärzte, die nichtsdestotrotz ein – nicht vorhandenes – DSD attestieren, setzen sich mit dem Ausstellen eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses der Gefahr der Strafbarkeit gem. § 278 StGB aus. Die Richtigstellung seitens des BGH hielt die Deutsche Gesellschaft für Transidentität (dgti) e.V. nicht davon ab, über ihre Internetseite und weitere Informationskanäle die Rechtsauffassung zu verbreiten, der zufolge die §§ 45 b, 22 Abs. 3 PStG auch auf trans-Personen anwendbar und zur Umgehung des Transsexuellen-Gesetzes zu nutzen seien. Konsequent wurde/n in Positionspapieren der dgti fortan Transsexualität respektive ›Transidentität‹ fälschlicherweise als ›Variante/n der Geschlechtsentwicklung‹ ausgewiesen bzw. darunter subsummiert, was eine nicht näher quantifizierte Anzahl von Menschen mit transsexuellem Wunsch bzw. Geschlechtsinkongruenz motivierte, unter Vorlage einer entsprechenden – wahrheitswidrigen – ärztlichen Bescheinigung beim Standesamt, eine Personenstands- und Vornamensänderung zu erwirken. - Zitatende.
Ersteinmal hat Transsexualität nichts mit Transidentität zu tun. Denn wie oben bereits geschrieben ist Transsexualität keine Geschlechtsidentitätsstörung. Ansonsten stehen auch wir der dgti sehr kritisch gegenüber, denn dieser ist ein Verein, der ausschließlich Transgenderbedarfe bedient, originär transsexuelle Menschen (NGS) und deren völlig anders gelagerten Bedarfe kommen in ihrer Arbeit nicht vor. Besonderes Augenmerk verdient jedoch folgender Satzteil und dafür gebührt Herrn Dr. Alexander Korte unser Dank: "Konsequent wurde/n in Positionspapieren der dgti fortan Transsexualität respektive ›Transidentität‹ fälschlicherweise als ›Variante/n der Geschlechtsentwicklung‹ ausgewiesen bzw. darunter subsummiert..." Dr. Korte bestätigt also genau das was wir immer sagen, wir werden -gegen unseren Willen- vereinnahmt, versteckt und unkenntlich gemacht. Wir originär transsexuellen Menschen leiden unter einer Sonderform der Intersexualität, was damals auch schon Dr. Milton Diamond erkannt hatte. Wir sind Männer oder Frauen mit einer Sexus-Sexus Diskrepanz, die ihren Geburtsfehler bereinigen und das Genital korrigieren lassen um auch optisch eindeutig zu sein, die geschlechtsrichtige Sexualität umsetzen zu können und dadurch die Sexus-Sexus Diskrepanz zu überwinden. Transgender fallen NICHT darunter, aber es sind genau diese gewesen, die diesen Einheitsbrei kreiert haben. Der zweite Satzteil hingegen verwechselt uns originär transsexuelle Menschen mit Transgendern. Originär transsexuelle Menschen sind von sich aus schon reflektiert und hinterfragen aus eigenem Antrieb ihr Sein und ihren Drang zur Transition, sie haben derartige "Schleichwege" nicht nötig. Wer wirklich von originärer Transsexualität betroffen ist, braucht vor den Fachleuten keine Angst zu haben.
Zitat: [...]a priori erhebliches Potential für grundlegende (folgenschwere) Missverständnisse in sich barg, worauf die Deutsche Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft (DGSMTW) bereits in ihrer Stellungnahme vom 17. Mai 2018 dezidiert hingewiesen hatte. Die Kritik bezieht sich auf
- erstens, die fehlende Differenzierung zwischen subjektivem Zugehörigkeitsgefühl, respektive der daraus abgeleiteten Selbstkategorisierung einer Person und ihrem, sofern keine DSD-Kondition vorliegt, faktisch gegebenen eindeutigen biologischen Geschlecht;5
- zweitens, die unglücklicherweise vollzogene Gleichsetzung von (geschlechtsbezogenem) Identitätsempfinden und Geschlechtseintrag im amtlichen Geburtsregister – was faktisch die Abschaffung der Kategorie ›Geschlecht‹, die auf biologisch-körperlichen Merkmalen von Menschen beruht, im deutschen Rechtssystem bedeutet bzw. nach sich zieht;
- drittens, die in den Ausführungen des BVerfG seinerzeit ausgebliebene oder zumindest nur unzureichend vorgenommene Abgrenzung von DSD (›Varianten der Geschlechtsentwicklung‹) zu Transsexualität, obwohl diese nicht nur aus medizinischer Sicht notwendige Unterscheidung zuvor explizit auch vom Deutschen Ethikrat betont worden war. - Zitatende
Frage: Was bitte heißt denn hier "eindeutiges" biologisches Geschlecht? Wir originär transsexuellen Menschen (NGS) haben zur Geburt eben KEIN eindeutiges biologisches Geschlecht in seiner Ganzheit, da die Geschlechtsentwicklung des Gehirns (2. Schwangerschaftsdrittel) konträr zu der Entwicklung der Gonaden und Genitalien (8. Schwangerschaftswoche) verläuft. Unser Zugehörigkeitsgefühl ist daher eben nicht rein subjektiv sondern neurologisch im Hypothalamus codiert und daher haben wir als NGS-Betroffene eine Sonderform der DSD-Kondition.
Richtig, der Personenstand beruht auf biologisch-körperlichen Merkmalen und daher ist eine Personenstandsänderung erst NACH hormoneller UND chirurgischer Angleichung logisch und sinnvoll. (Personenstandsänderung im Vorabentscheid NUR bei originär transsexuellen Menschen, die ihren Drang zur Kompletttransition sicher im Vorfeld belegen können und die Transition zeitnah durchziehen. - Ausnahme: Originär transsexuelle Menschen mit ärztlich belegten (!!!) Ausschlußdiagnosen, die eine Operation verhindern.)
Die Abgrenzung der originären Transsexualität von Intersexualität insofern, als daß sie als eine Sonderform oder Subkategorie der Intersexualität betrachtet wird. Transgenderismus und Transidentität ist hiervon gänzlich auszuschließen.
Zitat: Auch für medizinische Laien dürfte dieser grundlegende Unterschied leicht verständlich sein: Unter Störungen/›Varianten‹ der Geschlechtsentwicklung – DSD in der internationalen Literatur – werden angeborene Variationen der genetischen, hormonalen, gonadalen und genitalen Anlagen eines Menschen verstanden, infolge derer das Geschlecht der betroffenen Person nicht mehr eindeutig den biologischen Kategorien ›männlich‹ oder ›weiblich‹ zugeordnet werden kann. Menschen mit Transsexualität hingegen erleben die ihnen zugewiesene soziale Geschlechtsrolle als nicht passend (›inkongruent‹) und leiden i.d.R. mehr oder weniger stark unter dem Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit zu ihrem (biologisch-anatomisch) eigentlich eindeutigem, körperlichen Geschlecht sowie den mit diesem zusammenhängenden gesellschaftlich-kulturellen Rollenerwartungen. Geht das Inkongruenz-Erleben mit einem klinisch relevanten Leidensdruck und einer Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder in anderen wichtigen Funktionsbereichen einher, spricht man von Geschlechtsdysphorie. - Zitatende.
Kenntlichmachung in anderer Farbe durch mich. Die "Wissenschaft" scheint wohl bis auf einige wenige Fachleute noch immer nicht begriffen zu haben, daß auch das Gehirn eine gänzlich andere geschlechtliche Entwicklung durchlaufen kann, unabhängig von den Gonaden und Genitalien. "...angeborene Variationen der genetischen, hormonalen, gonadalen, genitalen und cerebralen (!!!) Anlagen eines Menschen...", dann würde der Satz stimmen. Menschen mit originärer Transsexualität erleben in erster Linie ihre primären und sekundären Geschlechtsmerkmale als nicht passend (aufgrund der neurologisch codierten entgegengesetzten Körperlandkarte in der Zentralfurche der Großhirnrinde) und leiden regelmäßig unter den falschen Geschlechtsmerkmalen, die Geschlechtsrolle ist sekundär. Das biologisch-anatomische körperliche Geschlecht ist aufgrund der konträren Entwicklung des Gehirns eben NICHT eindeutig! So wie es im Zitat steht -farblicher Text-, trifft das ganze auf Transgender zu, aber nicht auf originär transsexuelle Menschen (NGS).
Zitat: 5 Im Kern zugrunde liegt diesem Missverständnis zum einen die – im Kontext einer ausschließlich ideologisch begründeten Dekonstruktion von Geschlecht vollzogene – fragwürdige Aufhebung der ›Sex-Gender-Differenz‹, zum anderen die – ebenfalls diskussionswürdige – Privilegisierung des subjektiven Identitätsgefühls, welches zur (allein) geschlechtsbestimmenden Instanz wird. Dazu folgende Erläuterung: Im Englischen bezeichnet ›Sex‹ das biologisch-anatomische Geschlecht eines Menschen, ›Gender‹ hingegen das soziale Geschlecht, d.h. die eingenommene Geschlechtsrolle, sowie das geschlechtsbezogene Identitätsempfinden der Person. - Zitatende.
Die cerebrale Entwicklung im Hypothalamus ist tatsächlich geschlechtsbestimmend, bei allen Menschen - bei originär transsexuellen Menschen (NGS) ist die cerebrale Entwicklung, damit einhergehend das geschlechtliche Selbst, jedoch konträr zu den Genitalien und Gonaden. Das subjektive Identitätsgefühl (geschlechtsbezogenes Identitätsempfinden), welches rein psychisch begründet ist, ist ein "Werkzeug" der Transgender und hat mit dem geschlechtlichen Selbst, welches neurologisch codiert ist, nichts zu tun. Beides zwei paar völlig verschiedene Schuhe. Aber gut, daß Dr. Korte zumindest die Ideologie in der Translobby erkannt hat und die Sex-Gender-Tatsache kennt, trennen tut er aber leider an der falschen Stelle und arbeitet es in seiner Stellungnahme auch nicht heraus, daß wir originär transsexuelle Menschen (NGS) nicht mit Transgender und deren Ideologie verwechselt werden wollen.
Zitat: Die aus klinischer wie sexualwissenschaftlicher Sicht notwendige Binnendifferenzierung innerhalb des heterogenen Spektrums von Betroffenen mit anhaltenden, oftmals – aber nicht immer – mit großem Leidensdruck einhergehenden (Identitäts-)Konflikten mit Bezug zur eigenen Geschlechtlichkeit wird bedauerlicherweise allzu oft nicht vorgenommen. Für einen Teil der Behandelten wirkt sich dies tragisch aus. Körperverändernde medizinische Maßnahmen sind keineswegs immer und nicht für alle geschlechtsdysphorischen Personen indiziert, die sich in verschiedenen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung mit je unterschiedlichen Anliegen vorstellen. Mit großer Sorge und tief bestürzt blickt der Sachverständige auf die wachsende Zahl von – körperlich gesunden – jugendlichen Mädchen mit pubertätstypischen Altersrollenkonflikten und/oder Körperbildstörungen (d.h. Schwierigkeiten in der Akzeptanz ihres sich reifebedingt verändernden Körpers und der Ich-Integration von Sexualität), denen bereits im Alter von 14, 15, 16 Jahren nicht nur die Brüste amputiert, sondern auch Gebärmutter und Eierstöcke entfernt werden. - Zitatende
Was wir immer sagen! Bereits 2014 haben wir auf dem CSD in Dortmund an unserem Infostand kundgetan, daß Transgenderismus unter dem damals aktuellen ICD 10 in F 64.9 reingehört und nicht unter F 64.0 firmieren darf. Dafür wurden wir von vielen Seiten angefeindet. Die GA-OP ist einzig und allein das Metier der originär transsexuellen Menschen (NGS). Wer die Transition komplett und damit die GA-OP durchzieht, läuft unter Transsexualität und nicht unter Transgenderismus!
Zitat: Lediglich bei Personen mit ausgeprägter Geschlechtsdysphorie und bereits abgeschlossener psychosexueller Entwicklung, bei denen unumkehrbar eine Transposition der Geschlechtsidentität [i. S. einer Transsexualität] erfolgt ist, sind körpermodifizierende Maßnahmen nicht nur zweckmäßig, sondern nach derzeitigem Erkenntnisstand notwendig. - Zitatende.
Ich weiß was Herr Dr. Korte meint und kann ihm da größtenteils zustimmen. Die Transition bis zur GA-OP ist für ALLE originär transsexuellen Menschen (NGS) nicht nur notwendig sondern lebensnotwendig. Allein deswegen muß die Kostenübernahme durch die Krankenkassen zwingend abgesichert sein. "Transposition der Geschlechtsidentität" austauschen mit "geschlechtlichem Selbst", dann stimmt der Satz.
Zum Thema "psychosexuelle Entwicklung": Da stellt sich mir eine wichtige Frage - wie kann ich meine psychosexuelle Entwicklung durchlaufen und abschließen, wenn ich mich aufgrund der falschen primären und sekundären Geschlechtsmerkmale einer psychosexuellen Entwicklung widersetze? Ich muß ganz ehrlich sagen, daß meine psychsosexuelle Entwicklung und der Abschluß dessen erst nach Abschluß meiner Kompletttransition und dem ersten Erleben männlicher Sexualität und auch Geschlechtsverkehr mit Frauen stattgefunden hat.
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